Leserbrief zum NZZ-Artikel "Zürcher Wegweisungspraxis zeigt Wirkung" (27. September 2016)
Seit Mai 2016 erlässt das Migrationsamt des Kantons Zürich in intensivierter Art und Weise sogenannte „Eingrenzungs“-Verfügungen gegen abgewiesene Asylsuchende.
Für die Betroffenen bedeutet diese Verfügung, dass sie die Gemeinden, in denen sie wohnhaft sind, zwei Jahre lang nicht mehr verlassen dürfen. Sie werden damit in ihrer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt und können insbesondere das soziale und kulturelle Leben, das für ein menschenwürdiges Leben besonders wichtig ist, kaum noch wahrnehmen.
Der NZZ-Artikel „Zürcher Wegweisungspraxis zeigt Wirkung“ (27. September 2016) suggeriert nun, dass der „konsequente“ Wegweisungsvollzug von abgewiesenen Asylsuchenden durch den Kanton Zürich im Wesentlichen mit der seit Mai 2016 ausgedehnten „Eingrenzungs“-Praxis in Zusammenhang steht. Eine Auswertung darüber, ob und wie viele „eingegrenzte“ Menschen die Schweiz tatsächlich verlassen haben, hat nach unserem Wissen indes noch nicht statt gefunden. Sodann stellt sich die Frage, ob abgewiesene Asylsuchende, die nicht mehr in der Statistik erscheinen, die Schweiz tatsächlich auch verlassen. Die im Artikel wiedergegebene Einschätzung vom Chef des kantonalen Sozialamtes, Ruedi Hofstetter, überzeugt nicht. Die „Kontrolldichte“ mag im Kanton Zürich zwar hoch sein, doch leben hier gleichwohl geschätzte 24'000 Sans-Papiers. Ausserdem kann in keiner Weise ausgeschlossen werden, dass abgewiesene Asylsuchende, die die Schweiz aufgrund einer Eingrenzungs-Verfügung verlassen haben, ein paar Monate später nicht doch wieder in der Nothilfe-Statistik erscheinen – als Dublin-Rückkehrer.
Es drängt sich daher der Schluss auf, dass der „konsequente Vollzug“ von abgewiesenen Asylsuchenden, wie ihn Sicherheitsdirektor Mario Fehr proklamiert hat, zu Unrecht als „Erfolg“ gefeiert wird. Vielmehr müsste der Kanton eingestehen, dass er abgewiesene Asylsuchende mit menschenunwürdigen Mitteln in die vollständige Illegalität drängt.